Udo Lindenberg ist 70 geworden. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, wieder auf große Stadiontournee zu gehen. Seine erste Station ist am 20. Mai die Veltins-Arena. Und das wahrscheinlich gar nicht mal zufällig. Zum Ruhrpott, und auch speziell zu Gelsenkirchen, hatte das alte Schlachtschiff der deutschen Poplandschaft schon immer eine besondere Beziehung.

So auch vor ein paar Jahren. Da wäre aus Udo und Gelsen sogar fast mal was Festes geworden. Lindenberg wollte sein lange geplantes Museum, mit den gesammelten Werken seines Lebens – Gemälde, Fotos, Devotionalien u.s.w. – nach Gelsenkirchen holen. Nicht Hamburg, nicht Berlin. Gelsenkirchen (oder sogar Herten). Ein bisschen in den Underground. Einige private Investoren standen auch für einen möglichen Bau hinter der Glück-Auf-Kampfbahn bereit, am Ankauf der Sammlung scheiterte es jedoch.

Noch bedauernswerter war allerdings, dass eine Alternatividee auch nicht zustande kam. Es standen Möglichkeiten im Raum, anstatt eines Lindenberg-Museums, das Geld für den Bau eines privaten Zentrums oder Instituts für Popkultur zu verwenden. Dort hätten dann unter anderem junge Musiker studieren können, Clubs, Konzerte oder Kongresse Platz finden können. Lindenberg war bereit mitzumachen, sich mit seinem Namen und seinen Kontakten einzubringen. Der alte Popmusiker hätte eine junge Generation an Subkultur fördern können.

Solch ein Projekt könnte nach Gelsenkirchen passen. Entwicklung von unten heraus. Lindenbergs Lebensgeschichte steht ja quasi selbst Synonym dafür – als einst versoffener Typ auf schmuddeligen Matratzen, ab auf die großen Bühnen. Was Gelsenkirchen jedoch noch fehlt, ist eine passende Investorenkultur. Investieren in Kultur. Ein kurzer Blick über die Stadtgrenzen kann vor Augen führen, was man da eventuell verpasst. In Bochum eröffnete 2014 das Institut für Populäre Musik, dass der Essener Folkwang Universität der Künste angeschlossen ist. Unter der Leitung des bekannten DJs und Radiomoderatoren Hans Nieswandt zieht das kleine Institut mittlerweile prominente Gastdozenten und Studenten aus der ganzen Welt nach Bochum, die sich bewusst für die Stadt entscheiden. Es entsteht eventuell eine Quelle für mehr. Im kleinen Maßstab ist das die altbewährte „arm, aber sexy“-Taktik Berlins. Oder anders gesagt: Kultur, allem voran Subkultur, ist ein bedeutender Standortfaktor. Angebote in diesem Bereich ziehen (junge) Leute, die sogenannte „kritische Masse“, an einen Ort. Und das kann dann Entwicklung bedeuten.